Obsorge
Wohnsitz, Kontaktregelung, Familienbeihilfe
Fragen und Antworten
Wir haben hier die wichtigsten Fragen und Antworten für Dich zusammengefasst und uns dabei um Verständlichkeit bemüht.
Nach einer Trennung oder Scheidung der Eltern muss festgelegt werden, in welchem Haushalt das Kind sich fortan überwiegend aufhalten soll.
Überwiegender Aufenthalt bedeutet grundsätzlich mehr als 50% der Zeit. Dort hat das Kind den Hauptwohnsitz und der betreffende Elternteil erhält auch die Familienbeihilfe.
Möglichst ist mittlerweile auch eine sogenannte „Doppelresidenz“, dass das Kind also zu mehr oder weniger gleichen Teilen bei beiden Elternteilen betreut wird (also bspw. jede Woche abwechselnd). Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn das am besten für das Kind ist und auch eine sehr gute Gesprächsbasis zwischen den Eltern gegeben ist.
Obsorge bedeutet Pflege, Erziehung und rechtliche Vertretung eines Kindes. Es geht hier im Wesentlichen also darum, wer für ein nicht eigenberechtigtes Kind Vertretungshandlungen setzen kann. Bei gemeinsamer Obsorge hat jeder Elternteil für sich genommen (nach außen, gegenüber Dritten) die volle Vertretungsmacht, muss sich aber an sich mit dem anderen obsorgeberechtigten Elternteil hierüber abstimmen. Bei unauflösbaren Unstimmigkeiten wird letztlich das Pflegschaftsgericht entscheiden müssen, was gilt.
Bei wichtigen Entscheidungen wie etwa Wechsel der Staatsbürgerschaft, Wechsel des Religionsbekenntnisses, Namensänderung, Aufkündigung eines Lehrvertrages oder wichtige Operationen müssen darüber hinaus aber jedenfalls beide Eltern zustimmen.
Wichtig bei der gemeinsamen Obsorge ist, dass die Eltern sich regelmäßig untereinander abstimmen und nicht gegeneinander handeln.
Die Obsorge beider Elternteile, auch gemeinsame Obsorge genannt, eines minderjährigen Kindes besteht:
- bei ehelicher Geburt von Geburt an
- ab dem Zeitpunkt der Eheschließung, wenn die Elternteile nach der Geburt des Kindes heiraten
- wenn eine Bestimmung beim Standesamt (am Ort der Geburt des Kindes) erfolgt oder
- wenn eine Vereinbarung über die Obsorge dem Gericht vorgelegt wurde.
Wird die Ehe oder die häusliche Gemeinschaft aufgelöst, so bleibt die Obsorge beider Elternteile grundsätzlich aufrecht.
Die Eltern können jedoch vor Gericht eine Vereinbarung schließen, wonach ein Elternteil allein mit der Obsorge betraut wird oder die Obsorge eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt wird. I
m Fall einer Obsorge beider Eltern nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft haben diese vor Gericht eine Vereinbarung darüber zu schließen, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.
Wenn nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft die Eltern keine Vereinbarung über die Obsorge treffen oder wenn ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn beantragt, wird das Gericht eine Entscheidung über die Obsorge bzw. auch den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes fällen. Hier kann das Gericht auch , sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, für einen Zeitraum von sechs Monaten eine vorläufige Regelung (Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung) veranlassen.
Während dieser Phase legt das Gericht die vorläufige elterliche Verantwortung fest, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt hauptsächlich betreuen wird, wobei dieser Elternteil mit der gesamten Obsorge betraut werden muss. Allerdings müssen dem nicht betreuungsbefugtem Elternteil so ausreichende Kontaktmöglichkeiten eingeräumt werden, dass auch dieser die Pflege und Erziehung wahrnehmen kann. Diese Regelungen werden bestenfalls von den Elternteilen im Einvernehmen getroffen.
Sollte dies allerdings nicht möglich sein, so hat das Gericht einen entsprechenden Plan aufzustellen bzw. die erforderlichen Anordnungen zu treffen und hat es auch gleichzeitig die Unterhaltsleistungen jenes Elternteils, welcher nicht mit der hauptsächlichen Kindesbetreuung betraut ist, festzulegen.
Die Obsorgeentziehung ist eine Maßnahme, die eine konkrete und aktuelle Kindeswohlgefährdung voraussetzt. Dies wird genau geprüft.
Dabei wird die Erziehungsfähigkeit der Eltern, der Gesundheitszustands, des intellektuellen und sozialen Entwicklungsstandes, der emotionalen Bindungssituation und der besonderen (auch wirtschaftlichen) Betreuungssituation des Kindes genau hinterfragt.
Ein gerichtlicher Entzug der Obsorge ist daher zum Beispiel nur bei Vorliegen nachstehender Gegebenheiten möglich:
- Gewalt und Misshandlung des Kindes seitens der Eltern oder eines Elternteils
- Verweigerung der notwendigen medizinischen Behandlung (Gefahr der Grundversorgung) seitens der Eltern oder eines Elternteils
- Veränderung der Lebensumstände seitens der Eltern oder eines Elternteils
- Vernachlässigung der Sorgepflicht seitens der Eltern oder eines Elternteils
- auf expliziten Wunsch des mündigen und einsichtigen Kindes
- Sektenzugehörigkeit der Eltern oder eines Elternteils, die da Kindeswohl gefährdet
- Drogen- und Alkoholkonsum der Eltern oder eines Elternteils
Jedenfalls kann eine Beschränkung der Obsorge nur insoweit erfolgen als dies zur Sicherung des Wohls des Kindes erforderlich ist und zuvor alle anderen Möglichkeiten geprüft wurden (z. B. Elternberatung), um – wenn möglich – die bestehende Obsorgesituation beizubehalten.
Grundsätzlich sollte der Kontakt zu beiden Eltern bestehen und den Bedürfnissen des Kindes entsprechen. Jenem Elternteil, in dessen Haushalt das Kind nicht hauptsächlich betreut wird, kommen daher Kontaktrechte zu, also wann er/sie das Kind sehen bzw. bei sich betreuen kann.
Empfehlenswert ist hier, dass so eine Regelung möglichst präzise und klar verständlich formuliert ist, um zukünftige Missverständnisse, aus denen wiederum Konflikte entstehen können, zu vermeiden.
Bevor Du im Scheidungsvergleich eine Kontaktregelung vereinbarst solltest Du Dich auf jeden Fall in einer Familienberatungsstelle oder von einem Anwalt beraten lassen.
Im Falle einer einvernehmlichen Scheidung sind Eltern von minderjährigen Kindern verpflichte gemeinsam eine „Elternberatung“ in Anspruch zu nehmen. Eine Bestätigung ist dem Gericht vorzulegen.
Es geht darum, dass die Eltern einen guten Umgang miteinander pflegen bzw. entwickeln und bewusst gute Vereinbarungen der Kommunikation bzw. der weiteren Kontaktregelung erarbeiten.
Dabei werden mit dem Berater unter anderem folgende Fragen besprochen:
- Wie können wir trotz der Trennung für unsere Kinder gute Elternbleiben?
- Wie reagiert unser Kind auf unsere bevorstehende Scheidung und wie können wir es unterstützen?
- Was braucht unser Kind jetzt von uns?
- Wie sieht eine gute Kontaktregelung aus?
- Was tun wir, wenn neue Partner ins Spiel kommen?
Bei Gerichtsverfahren über die Obsorge und das Besuchsrecht ist es zusätzlich möglich, dass für das betroffene Kind ein sogenannter Kinderbeistand durch das Gericht bestellt wird. Dieser kümmert sich als Ansprechpartner um alle Wünsche und Belange der Kinder während des Verfahrens.
Der Kindesbeistand ist die ersten 6 Monate kostenfrei, das heißt erst danach fallen Gerichtsgebühren in Höhe von 309 Euro pro Elternteil für jede weiteren begonnenen zwölf Monate Verfahrensdauer an.
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